Kaffeezubereitung ist Handwerk und Facettenreich
- Photos & Written by: Uta Gleiser
- LAYOUT: ET CREATIVE
- INTERVIEW MIT: ARGIN KESHISIAN
Die Public Coffee Roasters hatte ich auf einem der Hamburger Märkte kennen- und ihren Kaffee schätzen gelernt. Auch wenn die kleine Kaffeebar in der Wexstrasse nicht gerade auf meinen Laufwegen liegt, zieht es mich regelmäßig in die Nachbarschaft des großen Neumarktes. Argin Keshishian Namagerdi ist Gründer der Public Coffee Roasters.
Groß geworden in einer Unternehmerfamilie, war für Argin recht früh klar, dass es auch ihn in die Selbständigkeit zieht. Schon von Kindheit an hatte er die Affinität zu frischen Lebensmitteln, in der heutigen Zeit kam noch der Faible für Qualität dazu. Beides ließ sich in dem Produkt Kaffee und mit einer Kaffeerösterei/Kaffeebar bestens verbinden. Argin und seinem Team geht es um Qualität, Handwerk und Transparenz. Kleinere Kaffeeplantagen,
von denen die Bohnen kommen, werden besucht, geprüft und unterstützt. Nach jahrelanger Nutzung einer gemeinschaftlichen Rösterei ziehen die Public Coffee Roasters endlich in ihre eigene Location. Das neue Zuhause liegt idyllisch auf dem Wasser mit dem Anlieger von Entenwerder1 als Nachbarn.
Hallo Argin, du bist in einer Unternehmerfamilie aufgewachsen. Da war der Weg in die Selbständigkeit ja schon fast vorgezeichnet.
Erzähl mir doch bitte ein bisschen über dich und deine Ausbildung.
Argin // Ich bin Argin Keshishian Namagerdi. Ein armenischer Iraner, der in Teheran geboren und bis 11 Jahren aufgewachsen ist. Mit 11 kam ich nach Deutschland und ging hier
zur Schule. Nach demAbitur an der Schule Schloss Salem widmete ich mich direkt dem Studium und beendete dieses Anfang 2013 mit einem Bachelor of Arts (Business with International Management, Northumbria University in Newcastle, England) und einem Bachelor in Sozialökonomie an der Universität Hamburg. Im Juni 2013 gründete ich aus der Leidenschaft zur Kaffee heraus die PCR Public Coffee Roasters GmbH und beschäftige mich seitdem mit der Führung und dem Wachstum der Spezialitätenkaffee-Rösterei und des Cafés.
Warum wurde es dann Kaffee?
Argin // Ich habe mich schon immer für Lebensmittel interessiert. Meine Mutter erzählt immer, dass die wenigen Momente, in welchen ich als Kind ruhig wurde, mit der Beobachtung und Zubereitung von Lebensmitteln zusammenhingen. Sei es beim Schneiden einer einfachen Zwiebel oder beim Besuch des Metzgers. Im Laufe der Jahre entwickelte
sich die Vorliebe für Kaffee, die Maßgebend durch meinen Vater beeinflusst wurde. Mit ihm verbrachte ich bei seinen Besuchen in Deutschland sehr viel Zeit in Cafés und hatte Diskussionen und Diskurse zu verschiedensten Themen. Er war politischer Ökonom und Unternehmer, sehr belesen und beeindruckte mich in seiner Lebensweise und beeinflusste mich offensichtlich auch in seiner Vorliebe für Kaffee. Nachdem ich mich mit dem Produkt beschäftigte wurde mir die Vielschichtigkeit klar und so wurde es zu ‚meinem Ding’.
Was ist für dich besonders an diesem Produkt?
Argin // Die Vielschichtigkeit. Vom Anbau bis zur Zubereitung sind es so viele Menschen und Persönlichkeiten, die dieses Produkt begleiten und alles richtig machen müssen, damit die Qualität, die wir haben wollen erreicht wird. Darüber hinaus gibt es so viele externe Faktoren, die das Produkt beeinflussen und womit man die Qualität des Produktes beeinflussen kann. Also es wird nie eintönig und langweilig und ist immer wieder ein Erlebnis.
Worauf achtet ihr beim Kaffeeeinkauf? Bezieht ihr eure Bohnen eher von kleineren oder von größeren Kaffeeplantagen? Was ist euch wichtig und wie könnt ihr nachvollziehen wie der Kaffee verarbeitet wird?
Argin // Darauf, dass die Qualität des Rohkaffees unseren Vorstellungen entspricht. Danach untersuchen wir, ob es auf der Farm, von der wir beziehen wollen alles rechtens zu geht. Das machen wir durch unsre Kooperationspartner oder die Spezialitäten Kaffee Importeuren oder persönlich vor Ort. Wir bestehen, darauf langfristige Partnerschaften mit den Farmen einzugehen, damit diese sich auf uns verlassen können. Wichtig ist uns also nicht so sehr, dass wir jede Saison irgendeine neue fancy&trendy Kaffeesorte haben, sondern ein nachhaltiges, ökonomisch und ökologisch verträgliches Sortiment. Der Fokus liegt dabei auf kleine Farmen, wie im Falle von unserem Filter Kaffee Cladio José, der nach seinem Farmer benannt ist und eine Produktion von 8 Säcken a 40 Kilogramm im Jahr hat. Wenn der Kaffee aus ist, dann muss man halt wieder warten bis Claudio und die Natur ihr Werk wiederholt verbringen.
Das Rösten der Bohnen ist der letzte wichtige Schritt in der Produktionskette. Dazu gehört Erfahrung, Intuition und auf jeden Fall viel Leidenschaft zum Produkt.
Wie lange hast du selbst gebraucht, um das richtige Gespür für eine guten Röstung zu entwickeln? Worauf kommt es am meisten an und welche Röstung ist dein persönlicher Favorit?
Argin // Das rösten ist ein stetiger Lernprozess und von Kaffee zur Kaffee und von Ernte zur Ernte unterschiedlich. Das Gespür kam nach 2 Jahren sehr intensiver Auseinandersetzung mit dem Thema Rösten. Sowohl theoretisch als auch praktisch. Beim
Rösten gibt es verschiedenste Faktoren, die berücksichtigt werden müssen und die sehr entscheidend sind um ein gutes Ergebnis zu erreichen. Daher kann ich keine einzelne besonders hervorheben. Es ist wie ein Uhrwerk. Jedes Zahnrad muss funktionieren und genau angepasst sein, sonst läuft die Uhr nicht. Grundsätzlich rösten wir schonend im einem Trommelröster. Die Röstungen finden unter Zufuhr von niedrigen Temperaturen statt und sind voll auf ein Maximum an Aromen abgezielt. Neben dem Fingerspitzengefühl und Erfahrung kommt es auf Wissen an. Wir legen viel Wert darauf uns fachliches Wissen, wie Beispielsweise Grundlagen der Chemie, auf theoretischer Basis zu erarbeiten, damit wir verstehen was vor sich geht, was wir tun und was wir tun könne um noch besser zu werden.
In einer Selbständigkeit gibt es Höhen und Tiefen. Die Außenansicht vermittelt meistens, dass immer alles rosig ist, doch wie viel Arbeit, Muße und Herzblut dahinter steckt, weiß kaum jemand.
Hattest du zwischen- durch auch Phasen, in denen du gezweifelt hast, ob du den richtigen Weg einschlägst? Wenn ja, was waren für dich die entscheidenden Wendepunkte, um doch weiterzumachen, oder …was ist dein Antrieb?
Argin // Jeder der über die Selbstständigkeit eine Geschichte ohne Selbstzweifel, Zweifel, Niederschlägen und schwierigen Zeiten erzählt, versucht ein Mythos aufrecht zu halten der in der Realität nie existiert hat. Kein einziger erfolgreicher Mensch ist über Nacht oder mit einer Idee zum Erfolg gekommen. Es ist immer mit jahrelangem Kämpfen und dem stetigen
Versuch voranzuschreiten verbunden. Und so ist es auch in unserer jungen ‚Firmengeschichte’. Die meisten Menschen verbinden Zweifel mit etwas Negativem oder Aufhaltendem. Zweifel ist für mich der Antrieb um über das zu bezweifelnde so nachzudenken, dass eine innovative Lösung gefunden wird, die die Zweifel ausräumt. Also ein stetiger, treuer und geschätzter Begleiter meiner Unternehmungen. Darüber offen zu sprechen und damit umgehen zu können muss aber gelernt sein und verstanden werden. Den Führung wird oft mit unabdingbarer Härte und Sicherheit verwechselt. Der Antrieb ist also für mich Lösungen für Situationen zu finden in denen andere Menschen verzweifeln. Dabei spüre ich täglich, dass es auf das Team ankommt.
Public ist eine Teamleistung und der bisherige Erfolg ist auf jeden einzelnen zurück zu führen. Dieses starke und leidenschaftliche Team gibt mir persönlich in schwierigen Zeiten, die Kraft die ich brauche um den einen entscheidenden Schritt mehr zu machen. Dafür bin ich sehr dankbar.
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