Handgemachte Unikate in Ton
- Photos & Written by: Uta Gleiser
- INTERVIEW MIT: SINIKKA HARMS
Manchmal ist es schon lustig, wie einen die Wege so leiten…Zu Sinikka bin ich auf Umwegen gekommen. Eigentlich hatte ich einen Termin bei einem kleinen Cateringunternehmen in Ottensen. In deren Location fand ich dann Sinikkas handgetöpferte Schalen und Teller.
Die getöpferten Gebrauchtwaren in grün/blau Tönen standen auf einem Regal und riefen förmlich: Fass mich an! Ich bin ein absolut haptischer Mensch und freue mich über Dinge, die sich einfach schön anfassen. Von daher konnte ich gar nicht anders, als mir eine Schale vom Regal zu holen und in die Hand zu nehmen. Toll, die sah nämlich genau so aus, wie sie sich anfasst!
Da werden alte Zeiten wach. Während des Fachabiturs hatte ich ein Jahr lang Töpfern und seitdem bin ich von diesem Handwerk begeistert. Arbeiten mit Ton hat für mich etwas sehr Sinnliches. Bei der Herstellung muss man eine gewisse innere Ruhe haben. Außerdem sind es alles Unikate.
…liebe Sinikka,
erzähl mir doch bitte erst einmal ein bisschen über Dich und wie es zum töpfern kam?
Sinikka // Vor ein paar Jahren habe ich an meiner Magisterarbeit über Portugiesen in den USA geschrieben, hatte vorher eine viermonatige Forschung dazu gemacht und war nun dabei, alles erforschte wissenschaftlich zu dokumentieren. Es war eine spannende aber auch sehr theoretische Zeit, in der ich dringend eine Abwechslung brauchte. Nachdem ich schon einige Zeit darüber nachgedacht hatte, mal etwas mit Ton zu machen, habe ich mich schließlich zu einem Töpferkurs angemeldet und verzweifelt das Drehen an der
Töpferscheibe geübt. Das war 2012. Ich habe dann auch schon ziemlich schnell eine Werkstatt gefunden, die ich als Vereinsmitglied nutzen konnte. Ich habe mir einen Schlüssel für die Räumlichkeiten besorgt und bin von da an fast jeden Tag in der Werkstatt gewesen und habe getöpfert. So einige male ist mir dabei der Ton um die Ohren geflogen. Ich habe dann verschiedene Seminare zu unterschiedlichen Brenntechniken besucht. Darunter zwei Seminare zum Thema Holzbrandkeramik; dabei brennt man die Keramik in einem durch Holz befeuerten Ofen über mehrere Tage. Davon war ich so begeistert und ich hatte sehr nette Menschen kennengelernt, dass ich mich auch nach Beendigung meines Studium weiterhin auf die Keramik konzentriert habe. Die größte Motivation war dann meine ersten verkauften Schalen auf einem Weihnachtsmarkt.
Dir beim töpfern zu zusehen hat irgend wie etwas beruhigendes.
Wieso gerade die Drehscheibe und warum Gebrauchswaren?
Sinikka // Dankeschön. Es freut mich sehr, dass ich beim drehen nicht hektisch und unentspannt wirke. Bin ich auch nicht :). Ich mache nicht nur Sachen an der Drehscheibe. Teller zum Beispiel forme ich per Hand. Beide Techniken haben etwas sehr entspannendes und beruhigendes, auf eine ganz unterschiedliche Art. Beim Drehen an der Scheibe muss ich mich ganz auf den Ton einlassen und ihn wahrnehmen. Wenn ich zu schnelle bzw. hektische
Bewegungen beim Drehen machen, passiert es schon mal, dass mir mein Gefäß kaputt geht weil ich es durchgedrückt habe o. Ä. Warum Gebrauchskeramik? Ich liebe es selber handgemachte Keramik im alltäglichen Leben zu benutzen. Dadurch wird für mich die Keramik wertvoll. Es ist doch schön etwas in den Händen zu halten, das handgearbeitet ist und im tollsten Fall auch noch ein Unikat. Als diejenige, die die Keramik herstellt, bin ich sehr stolz darauf, dass Menschen meine Keramik kaufen, sie benutzen – und sich darüber freuen. Ein gedeckter Tisch zum Beispiel mit handgearbeiteten Tellern und Weingefäßen aus Ton geben dem schon wieder einen ganz besonderen Charme, etwas ganz besonderes eben.
Viele Deiner Teller und Schalen die ich gesehen habe sind in blau/ Grün Tönenund doch alle unterschiedlich.
Wie kommt das und hast Du auch andere Töne, mit denen Deine Produkte glasiert werden?
Sinikka // Meine Teller zum Beispiel sind alle unterschiedlich weil ich sie per Hand forme und diese ganz bewusst frei Hand ausschneide und dann weiter bearbeite.
Ich könnte auch eine Schablone anfertigen und diese für eine einheitliche Form benutzen, aber ich arbeite lieber intuitiv. Im Moment ist das auf jeden Fall so. Ich genieße es, das Messer durch den Ton gleiten zu lassen, ohne, dass ich mir vorher eine Form überlegt habe. So passiert es, dass ein Teller mal rund ist, ein anderer wiederum oval. Ich arbeite aber auch so, dass die Teller trotz einer etwas unterschiedlichen Form immer noch den gleichen Stil haben und zusammenpassen. Jeder sollte bewusst mit seiner Umwelt, der Erde auf der wir leben, und mit den Tieren, mit denen wir leben, gut umgehen.
Die Farben blau/grün haben auf jeden Fall etwas mit meiner eigenen Vorliebe für Farben zu tun. Ich liebe blau und türkis. Die Glasur, die ich momentan hauptsächlich benutze hat in jedem Brand immer wieder verschiedene Farbnuancen, die sehr spannend sind. Dabei hängt es davon ab, wo die Schale im Ofen stand, ob in der Mitte oder an den Heizspiralen, unten anstatt oben. Viele Faktoren beeinflussen das Aussehen einer Glasur, deswegen ist es auch so schwer eine Glasur selber herzustellen. Ich bin ständig dabei mit Glasuren zu experimentieren, um dann irgendwann meine eigene, hergestellte Glasur zu haben.
Es ist ein spannender Prozess. Obwohl ich gerne bestimmte Glasuren benutze, liebe ich es den Ton ganz unbehandelt zu lassen. Bei einer Schale zum Beispiel glasiere ich das innere und lasse das Außen unglasiert. Dafür benutze ich gerne einen grauen Ton, der ziemlich grob ist. Wenn ich solch eine Schale zum Teetrinken benutze, fühlt es sich an, als hätte ich einen warmen Stein in der Hand. Ich liebe dieses Gefühl. Mein neuer Lieblingston ist ein heller Ton, der ein bisschen aussieht wie eine Eierschale. Das liegt an den kleinen braunen Flecken, die nach dem Brennen auf der Oberfläche des Tons erscheinen. Diesen Ton lasse ich deswegen auch oft unglasiert, und die Haptik ist wunderschön matt und seidig.
Welcher Teil des Töpferns ist der spannendste für Dich?
Sinikka // Der des Entwickelns von neuen Formen. Ich weiß beim Drehen im ersten Moment nicht immer unbedingt wie es nach dem Brennen aussehen wird. Ich überlege mir also eine Form
und wofür dann das jeweilige Gefäß benutzt werden soll. Dann denke ich darüber nach, ob ich es glasieren möchte oder nicht und was mit der jeweiligen Form am besten aussehen würde. Das ist jetzt die Theorie. Spannend ist es dann schließlich, den Ofen nach dem Brennen aufzumachen und zu sehen, ob sich meine Vorstellungen erfüllt haben oder nicht.
Wo kann man Deine getöpferten Waren sehen und auch kaufen?
Sinikka // Man kann meine Keramik direkt über mich kaufen, entweder über meinen etsy-shop: sinikkaharmsCERAMICs oder über meine Internetseite www.sinikkaharms.de. Ich versuche den etsy-shop immer wieder zu aktualisieren, um so die neusten Produkte anbieten zu können. Per email kann man mir aber auch sehr gerne eine Anfrage schicken, das bevorzuge ich sogar.
So ist der Kontakt ein bisschen enger und man kann sich absprechen was gesucht wird und was meinerseits möglich ist. Außerdem ist meine Keramik in dem Onlineshop Ink & Oliv (www.inkandolive.com) zu finden und auf verschieden Märkten, wie der Besonderslecker Markt (http://besondershamburg.de/besonderslecker) jetzt im September oder der DIY Markt im November(www.diy-markt.com) . Dazu stehen die Termine auch immer aktuell auf meiner Internetseite. Ich habe eine Zeit lang Japanische Teebecher hergestellt, die ich in einem Geschäft für japanisches Design in Hamburg verkaufe (www.saroshi.de).
Wie ist Dein Bezug zu Hamburg und gibt es ausser dem Töpfern noch etwas, was Du gerne umsetzen würdest?
Sinikka // Ich bin in Hamburg geboren und im Umland Hamburgs aufgewachsen. Seit dem Beginn meines Ethnologiestudiums 2007 lebe und arbeite ich in Hamburg. Mit meinem Magisterabschluss 2013 nahm die Keramik einen immer größeren Platz in meinem Leben ein. Dies würde ich gerne weiter ausbauen, mehr Zeit investieren und ein eigenes kleines Studio anmieten, wo ich meine Kreativität ausleben kann.
Nebender Keramik male ich außerdem mit Ölfarbe. Dafür möchte ich mir in Zukunft gerne mehr Zeit nehmen. Ich liebe es zu malen und meine Ideen auf die Leinwand zu bringen. Ich male vor allem abstrakt. Durch die derzeitige Flüchtlingssituation bin ich gerade dabei, ein Konzept zu entwickeln, Flüchtlingsfrauen und Kinder durch Kunstprojekte zu integrieren. Dafür bietet sich die Werkstatt, in der ich momentan noch arbeite (http://www.frauenhandwerkstatt.de/) wunderbar an. Dadurch möchte ich mein Ethnologiestudium und meine handwerkliche künstlerische Tätigkeit verbinden. Diesen Weg kann ich mir auch für die Zukunft vorstellen. Was aber nie zu kurz kommen darf ist das Reisen. Das möchte ich definitiv mehr machen.
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