Handgefertigte Schreibinstrumente und handwerkliche Leidenschaft
- Photos & Written by: Uta Gleiser
- INTERVIEW MIT: Frank
Da ist sie wieder – die Faszination zu hochwertigen Produkten, handgefertigt mit einer sagenhaften Haptik und kein Stück gleicht dem Anderen. In seiner Werkstatt, im Osten von Hamburg, fertigt Frank Pressentin hochwertige Schreibgeräte an. Für sein Label Elbwood entsteht dort Individuelles zum Schreiben. Aus feinsten Hölzern, edlen Metallen und exklusiven Materialien dreht Frank Pressentin einzigartige Stücke, die man nie wieder aus der Hand geben möchte.
In einem Zeitalter in dem die Schnelligkeit siegt, die Post, fast ausschließlich Werbung oder Pakete von Versandhäusern hin und her bewegt, da tut es gut, mal wieder ein bisschen zu entschleunigen. Zum Beispiel, sich die Zeit zu nehmen und mal wieder etwas per Hand zu schreiben. Früher habe ich gerne und viel geschrieben, in den letzten Jahren ist es etwas untergegangen, aber der Wunsch nach mehr Haptik und Dinge mit etwas mehr Muße zu tun, hat den guten alten Füllfederhalter wieder auf den Plan gerufen. Schon fast hatte ich vergessen, wie es sich anfühlt wenn man ein gutes Schreibgerät in den Fingern hält. Es ist wohl wie in der Küche. Mit einem schlechten Messer kocht es sich nicht gut.
Elbwood ist in Hamburg beheimatet und das hat seinen guten Grund. Denn Frank Pressentin ist Wahlhamburger, ein umtriebiger und kreativer Kopf dazu. Bevor sich sein Interesse auf das Drechseln von Schreibgeräten vertiefte, hatte er vor allem einen Faible für den Bootsbau. Seine Begeisterung für kostbare Hölzer und edle Metalle kommen aus dem klassischen Schiffsbau. Genau diese spiegeln sich in seinen Einzelanfertigungen wider. Mit Liebe zum Detail und den sorgfältig ausgewählten Werkstoffen, entstehen ganz persönliche Stücke, die alle von Hand gefertigt werden.
Wie toll, dass es Menschen gibt, die eine enge Verbundenheit zu Hamburg haben und diese in eine handwerklich perfekte Art umsetzen.
Lieber Frank,
wie schön, dass ich dich in deiner Werkstatt und deinem neuen Laden in der Hafencity besuchen durfte. Was für ein tolles Produkt und eine großartige Geschichte noch dazu. Seit kurzem gibt es dein Label ELBWOOD – THE HANSEATIC PENMAKER, handgefertigte Schreibgeräte in großartigen Materialien.
Bis aus deiner Leidenschaft zu Materialien, Elbwood wurde, hast du einen ganz schönen Weg zurück gelegt.
Bitte erzähle doch erst ein mal ein bisschen von dir und Deinem Label
Frank // Liebe Uta, erst einmal vielen Dank, dass Du Dir soviel Zeit nimmst um mich und meine Unternehmung vorzustellen. Ich finde, dass Dein Blog eine ganz besondere Qualität hat, die zum einen auf Deinem echten Interesse am Zuhören und zum anderen auf Deinem besonderen Blick durch das Objektiv beruht. Hinsehen und Zuhören. Zwei Disziplinen, die noch nie einfach waren und in unserer schnelllebigen Zeit allzu oft im „Blingbling“ der millionenfachen Clicks
untergehen. Dass Du mich in der virtuellen Welt des Internets überhaupt entdeckt und dann auch noch angeschrieben hast und wir uns nun im echten Leben kennengelernt haben, freut mich wirklich sehr.
Und nun zu mir und meinem Label:
Ich bin 1976 in Mecklenburg, dem Land der tausend Seen und Wälder geboren worden und dort aufgewachsen. In einer Kleinstadt: Parchim an der Elde. Diese fließt über 180 schiffbare Kilometer von der Müritz bis nach Dömitz. Dort trifft sie auf die Elbe. Die Elbe, dieser ehrwürdige Strom, war schon in Kindertagen für mich ein symbolischer Zugang zur großen, weiten Welt. Zu DDR-Zeiten war dieser Zugang allerdings versperrt. Auf 95 km Länge gab es mehrere Meter hohe Zaunreihen, dazwischen patrouillierten die Grenzsoldaten. Nicht wenige Menschen starben beim Versuch auf die andere Seite zu kommen. Es ranken sich unendliche Schicksalsgeschichten um diese Zeit der innerdeutschen Trennung. Auch wenn meine Kindheit unbeschwert war – ich war damals zu jung um politische oder philosophische Fragen zu stellen – ich bin von der Ära der Mauer und ihres Niederreißens nachhaltig geprägt.
Was hat dein Faible für den Schiffsbau mit Schreibgeräten zu tun?
Frank // Boot zu fahren ist ein ganz altes Hobby von mir. Leider musste ich mein kleines Angelboot „Tante“ verkaufen als wir anfingen unser Haus zu renovieren. Hierfür wurde jeder Cent gebraucht und Zeit für etwas anderes war auch nicht vorhanden. Aber als wir fertig waren, bestellte ich mir im Internet einen Bauplan für ein Boot und erklärte meiner Frau, dass ich die Garage zukünftig als Werft benutzen möchte. Während der Haus- Bauphase hatte sich allerlei Werkzeug angesammelt, welches mir nun für dieses Vorhaben gute Dienste leisten sollte. Den ganzen Winter über baute ich die Spanten und das Grundgerüst. Im Frühjahr stellte ich fest, dass die Garage für die nächsten Schritte zu klein ist. Also kaufte ich mir ein stabiles Festzelt und zog mit meiner „mobilen Werft“ an die Dove-Elbe. Hier baute ich bis zum Winter den Rumpf fertig. Zurzeit wird der Motor von einer Fachwerkstatt montiert. Im nächsten Jahr möchte ich mit meinem ELBDORY auf dem Wasser sein. Das verrückte Ziel: Von Hamburg nach Helgoland – auf eigenem Kiel.
Ich habe schon immer gerne etwas unternommen. In sofern verstehe ich mich im besten Wortsinne als Unternehmer. Immer wenn mich eine Sache packt, gehe ich dieser mit ganzer Leidenschaft nach. Ich besorge mir sämtliche Bücher, die ich zu
dem Thema finden kann und lese mich ein. Seit Jahren lese ich nur noch Fachliteratur und stöbere in den weltweiten Foren zu meinen Themen. Dann lege ich los. Und wenn ich nicht weiterkomme suche ich mir Menschen, die es schon gemacht haben. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die meisten Könner einer Sache sich freuen, ihr Wissen weitergeben zu können. Im besten Falle entstehen hierbei lebenslange Freundschaften.
Und aus jeder Unternehmung entsteht häufig etwas Neues. Beim Bootsbau waren es die Materialien, die edlen Hölzer (Mahagoni, Ebenholz, Eiche etc.) und die klassischen Metalle (Messing, Schiffsschraubenbronze, Kupfer) welche mich fasziniert haben. Aber auch die Geschichten, die sich um die Seefahrerei ranken, fand ich spannend. Bei einem solchen Langzeitprojekt kommt man immer wieder an den Punkt, Abstand nehmen zu müssen, um in Ruhe den nächsten Schritt zu planen. In diesen Momenten saß ich auf meinem Klappstuhl, starrte auf des Boot und ließ die Gedanken kreisen. Und dann war sie irgendwann da die Idee mit den Schreibgeräten und dem „Hanseatic Penmaker“. Kapitäne und Steuermänner schrieben schon immer in Logbücher. All die echten und ersponnenen Abenteuer von Kaufleuten, Entdeckern, Piraten und Träumern – wie wäre es wenn man die Aura dieser maritimen Welt mit den ihr eigenen Materialien verbindet, ästhetisch und hochwertig designt und in zeitlosen, funktionalen Kunstwerken Gestalt annehmen ließe?
Wie lang war der Weg um das Drehen von Schreibgeräten zu erlernen und was
hat dich dabei am meisten begeistert?
Frank // Diese Idee beschäftigt mich nun seit 4 Jahren. Meinem üblichen Muster folgend bestellte ich umgehend alles lesbare zum Thema „Drechseln von Schreibgeräten“. In englischsprachigen Foren gibt es eine weltweit sehr aktive und hilfreiche Szene. Dann nahm ich bundesweit an diversen spezialisierten Drechsel-Kursen teil. In der intensiven Auseinandersetzung mit dem Drechselhandwerk stellte ich fest, dass die Beschränkung auf allein diese Handwerkstechnik meine hochgesteckte Zielsetzung nicht befriedigen kann. Drechsler kaufen in der Regel vorgefertigte Metallbausätze um die herum sie ihr Holz drehen. Damit ist der individuelle Gestaltungsspielraum naturgemäß eingeschränkt. Um aus diesen Grenzen auszubrechen begab ich mich in Hamburg auf die Suche nach einem Lehrer und hatte Glück, dass Michael Pflüger mich als seinen Schüler annahm. Er ist ein genialer Künstler, Erfinder und Konstrukteur, der in seiner „Werkstatt für allerlei Eigensinniges“ die interessantesten Wunderwerke baut.
Von ihm lernte ich das Drehen an der mechanischen Drehbank und die grund-legenden Prinzipien der Konstruktion. Nun war ich in der Lage alle Teile meiner Schreibinstrumente (bis auf die Minen und Schreibfedern) selbst zu fertigen. Nach anderthalb Jahren Prototypenbau und Austesten derselben lag mein erstes fertiges Schreibgerät vor mir. Ein Kugelschreiber. Aus Ebenholz und Messing. Wertig. Mit richtig Gewicht. Um die Mine hervorzuholen, muss man ganz klassisch an einer Rändelschraube drehen. Nicht hektisch Klicken. Langsam drehen.
Diese meine erste Grundform nenne ich schlicht: K1. Durch die Kombination mit unterschiedlichen Materialien lässt sich der K1 sehr individuell gestalten. In den nächsten Jahren werden weitere Formen und auch Bleistifte folgen. Aktuell konzentriere ich mich aber voll und ganz auf die Entwicklung der Königsklasse – dem Füllfederhalter. Dieser wird aufgrund des einzigartigen Schreiberlebnisses mit Tinte und Feder mein edelstes Produkt.
Für die Fertigung der Federn habe ich mir mit den Firmen JoWo-Schreibfeder GmbH aus Berlin und der Schmidt Technology GmbH aus Süddeutschland die besten Fachleute für mein Vorhaben gesucht. Ich erwähne dies so explizit weil nur durch das Zusammenspiel dieser beiden Spezialisten mein hoher Anspruch an das Herzstück eines Füllfederhalters: die Feder, erfüllt werden kann. Dieses Spezialhandwerk beherrschen nur noch sehr wenige Menschen weltweit und selbst die Großen der Schreibgerätewelt greifen auf das Knowhow dieser Experten zurück. JoWo formt, stanzt und prägt die Federn. Dann gehen sie zu Schmidt wo ein eigens hierfür ausgebildeter Meister die Montage des Tintenleitsystems übernimmt. Die Tinte soll schließlich immer gleichmäßig fließen – auch im Kabinendruck eines Flugzeuges. Anschließend wird jede einzelne Feder anhand eines standardisierten Alphabetes von Hand eingeschrieben. Dieser komplexe Vorgang sichert die bestmögliche Schreibqualität meiner Unikate. Als Material für meine Federn habe ich Gold gewählt. 18K, 750er Gold. Mit meinem Logo drauf. In den Farben Gelb, Rosé, Rhodium/silbern und Ruthenium/schwarz. Außerdem gibt es 4 Strichbreiten EF, F, M, B.
Vielleicht wird in diesem Abschnitt am deutlichsten was ich vorhin damit meinte: „Einer Sache mit ganzer Leidenschaft nachzugehen.“
Bevor ich in deiner Werkstatt war habe ich mir wohl noch nie wirklich
Gedanken gemacht, wie ein gutes Schreibgerät entsteht, oder aus welchen
Materialien sie sein könnten.
Erzähl ein bisschen was zu Deiner Werkstatt. Wie
viel Wert legst du Präzision? Wie lange braucht es bis ein Schreibgerät
fertiggestellt ist?
Frank // Meine Werkstatt ist quasi die „Werft“ für meine Schreibinstrumente. Da wo die alte Garage stand habe ich mir über drei Jahre hinweg einen atelierartigen Arbeitsraum erschaffen. Mit viel Licht und einem Bullerofen. Ich glaube, dass sich die Atmosphäre eines Raumes direkt auf die Kreativität auswirkt. Hier arbeite ich auf sehr alten, sehr schönen und hochgenauen, manuellen Drehmaschinen. Aber auch die klassischen, schweren Maschinen einer Tischlerei sind hier zu finden: eine große Bandsäge zum Auftrennen der Baumstämme und eine Formatkreissäge für den Zuschnitt der Kanteln. CNC-Steuerung oder computergesteuerte Prozess-optimierung sucht man jedoch vergeblich. Ich habe mich voll und ganz der individuellen Einzelanfertigung von Hand verschrieben. Die bereits beschriebenen Materialien versuche ich so naturbelassen wie möglich in Schreibgeräte zu verwandeln. Das geht nur mit ganz viel Zeit und Hingabe.
Holz braucht pro Zentimeter Dicke etwa ein Jahr zum Trocknen. Einheimische Hölzer schlage ich selbst oder entdecke hier und da mal einen Schatz in alten Schreinereien. Exotische Hölzer erwerbe ich im spezialisierten, seriösen Holzhandel. Dieser hat sie bereits mehrere Jahre luftgetrocknet. Dennoch ruhen Sie bei mir noch einmal weitere Jahre. Ich habe zwei große Holzlager. Eines draußen und eines drinnen. Immer wenn man Holz auftrennt gelangt Luft an Stellen, wo sie vorher nicht hinkam. Das Holz reagiert sofort auf die Feuchtigkeit der Umgebung. Es „arbeitet“. Schnell entstehen Risse und bis ein geeigneter Stift-Rohling verarbeitet ist gibt es sehr viel Ausschuss. Manchmal entdecke ich buchstäblich auf dem letzten Millimeter einen kleinen Fehler und muss das Stück leider entsorgen. Trotzdem kommt es für mich nicht infrage, das Holz chemisch zu stabilisieren. In dieser geduldsamen Herangehensweise besteht auch der entscheidende Unterschied zu industriell und in Masse gefertigten Schreibgeräten. An Fließbändern entstehen keine Unikate.
Mein Interesse für natürliche Werkstoffe hat mich im letzten Jahr u.a. nach Hitzacker geführt. Hier wird in einer der weltweit letzten Manufakturen noch Ebonit feinster Qualität hergestellt. Ebonit besteht aus ressourcenschonend gewonnenem Kautschuk, Leinöl und Schwefel. Diese Zutaten werden extrudiert und unter Zugabe von lebensmitteltauglichen Farben gefärbt. Heraus kommen haptisch einzigartige und ästhetisch wunderbar anzusehende Stangen. Diese wurden bereits in den Zwanziger Jahren für den Schreibgerätebau verwandt. Durch den hohen Anteil von Handarbeit sieht jedes Stück in einer Stange anders aus. Ähnlich wie bei Holz gleicht kein Teil dem anderen. Aktuell biete ich 40 verschieden Farbvarianten dieses wunderbaren, selten gewordenen Materials an.
Für die Griffstücke und Mechaniken meiner Schreibinstrumente verwende ich unterschiedliche Metalle: Von Messing, Kupfer über Neusilber und Schiffsschraubenbronze bis hin zu Sterling-Silber, Gelb Gold und Rosé Gold. Jedes dieser Metalle benötigt aufgrund seiner individuellen Eigenschaften unterschiedliche Schnittwinkel, Drehmeißel und Schnittgeschwindigkeiten auf der Drehmaschine. Ich arbeite grundsätzlich aus dem vollen Material. Sehr viel Zeit steckt nicht zuletzt im Auffangen und Trennen der jeweiligen Späne sowie dem peniblen Reinigen der Drehbank.
Zeit, Material und der hohe Aufwand der Einzelanfertigung resultieren in einem zu überall verfügbarer Industrieware vergleichsweise hohen Preis. Meine Kugelschreiber fangen bei 1450,- EURO an. Die Füllfederhalter bei 1750,- EURO. Nach oben sind je nach Materialauswahl und individuellen Sonderwünschen keine Grenzen gesetzt. Damit bewege ich mich zwangsläufig im Luxussegment. In einer kleinen Nische für diejenigen, die das Besondere schätzen und bereit sind hierfür angemessen zu bezahlen. Um diese Menschen zu erreichen gibt es seit kurzem die Writer’s Lounge von Elbwood in der Hafencity.
Was genau kann ich mir unter der Writer’s Lounge vorstellen? Hat man als
Kunde die Möglichkeit seinen ganz persönliches Schreibgerät anfertigen zu
lassen?
Frank // Die Writer’s Lounge ist mein Schaufenster. Mein Tor zur Welt. Mitten in der Hafencity. 200 Meter von der Elbphilharmonie entfernt. Im aktuell
spannendsten und modernsten Viertel der Hansestadt. Hier präsentiere ich meiner Kundschaft meine Handwerkskunst. Hier kann in ästhetischer Atmosphäre mit der Vielzahl an Materialien experimentiert werden, um sich das persönlichste Schreibgerät der Welt zusammenzustellen. Hier kann man Fühlen, Entdecken und Genießen. Schreiben hat, finde ich, viel mit Genuss zu tun. Dem Wunsch nach einer guten Zeit. Dem Wunsch nach Individualität und Exklusivität. Ich fertige 100 Schreibgeräte pro Jahr. Mehr nicht. Jedes für sich ein Unikat. Man kann sie nicht an jedem Flughafen oder größeren Bahnhof kaufen. Diesen ganz besonderen Luxus gibt es nur hier. In der Writer’s Lounge. Am Kaiserkai 26. In Hamburg. An der Elbe.
ELBWOOD elbwood.de
// Photos & Written by: Uta Gleiser
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